Bericht von der ersten Gartenbauberufskonferenz in Zürich

"Für eine Branche mit Zukunft" lautete das Motto der ersten Berufskonferenz der Gärtnerinnen und Gärtner. Sie trafen sich am Samstag, 4. November, in Zürich.

Als erstes hiess Chris Kelley, nationaler Branchenleiter Gartenbau der Unia die circa 80 Gärtnerinnen und Gärtner willkommen. "Heute ist ein besonderer Tag", sagte er. "Das ist die erste Berufskonferenz Gartenbau im grösseren Rahmen. Unser Ziel ist es, Bewegung in die grüne Branche zu bringen! Heute ist es auf den Tag 15 Jahre her, dass die Bauarbeiter mit ihrem landesweiten Streik und der Sperrung des Baregg-Tunnels die Frühpensionierung mit 60 erkämpften. Jetzt sind die Gärtner:innen dran!"

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde der Anwesenden Personen erklärte Simon Schmutz, Gärtner aus Muri und aktiv in der Sektion Bern, den Tagesablauf.

Die Geschichte des Arbeitskampfes im Gartenbau

Roger Spadin, auch er als Gärtner mit der Unia aktiv, erzählte den Anwesenden die Geschichte der Gärtner:innen mit der Unia. Im Jahr 2010 wurde die Unia von Gärtner:innen angesprochen, die sich kollektiv für bessere Arbeitsbedingungen im Gartenbau einsetzen wollten. Das erste Gartenbauteam wurde in Schaffhausen auf die Beine gestellt. Erste Verhandlungen mit dem Arbeitgeberverband Jardin Suisse scheiterten. Doch die Gärtner:innen gaben nicht auf. Der Arbeitskampf der Gärtner:innen mündete 2012 schliesslich im Streik der Gärtner:innen in Schaffhausen. Dieser hatte zur Folge, dass eine Vereinbarung zwischen den Gärtner:innen und den Arbeitgebern unterschrieben wurde. Damit hatten sich die Gärtner:innen bis zu 800.- Franken mehr Lohn erkämpft. Eine weitere Folge war aber auch Repression gegen gewerkschaftlich aktive Gärtner:innen und der Aufbau von Grüne Berufe Schweiz, einer von Jardin Suisse kontrollierten Pseudo-Gewerkschaft, die alle Vorschläge von Jardin Suisse abnickt. Die Gärtner:innen liessen sich aber nicht davon abhalten, sich in der Unia zu organisieren: 2014 wurden weitere Gärtner:innen-Gruppen gegründet, in Winterthur, in Bern und im Berner Oberland. 2016 schliesslich kam eine Gruppe in Zürich dazu und neu auch eine Gruppe in der Zentralschweiz. Die Bewegung für eine Zukunft im Gartenbau wächst stetig und gewinnt an Dynamik.

Die Forderungen der Gärtner:innen

Manuel Humbel von der der Gärtner:innen Gruppe Zürich erklärte die Hauptforderungen der Gärtner:innen. Die erste Forderung ist: Faire Löhne. Manuel verglich die Arbeit der Gärtner:innen mit den Strassenbauern, die  sehr ähnliche Arbeiten machen, aber aber im Monat rund 1‘000.- Franken mehr als die Gärtner:innen verdienen. Die zweite Forderung: Fünf Wochen Ferien. Das sind nur 3 Tage mehr im Jardin Suisse GAV, aber die fünf Wochen Ferien sollen alle Gärtner:innen haben. Die dritte Forderung: Frühpension. Manuel sagt, er kenne nur einen Gärtner, der bis zur Pension auf dem Beruf gearbeitet hat, aber dieser hat sich körperlich kaputt gemacht. Es gibt gute Gründe, warum Bauarbeiter mit 60 pensioniert werden und die gelten auf für den Gartenbau. Der körperlichen Schwerstarbeit zollen die Arbeiter im Alter Tribut.

Manuel erzählte, dass er kürzlich im Zivildienst war und Einsicht in andere Berufe hatte. Er findet, dass in anderen Berufen viel bessere Arbeitsbedingungen herrschen. Es sei an der Zeit, dass die Gärtner:innen auch etwas erhalten.

Manuel erklärte weiter, dass es wichtig ist, einen allgemeinverbindlichen GAV zu erhalten. Der aktuell gültige "WC-Papier-Vertrag" (Zitat Chris Kelley) ist nur für Firmen, die bei Jardin Suisse Mitglied sind, verbindlich. Für alle anderen Gartenbaufirmen gilt dieser Vertrag nicht. Gleichzeitig war es Manuel wichtig zu sagen, dass die Gärtner:innen nicht gegen die Arbeitgeber kämpfen, sondern für bessere Arbeitsbedingungen. Um eine fokussierte Kampagne durchführen zu können, stimmten die Gärtner:innen ab, wie sie ihre Forderungen priorisieren. Ganz klar als wichtigste Forderung stellte sich die Frühpensionierung heraus, gefolgt von fairen Löhnen und fünf Wochen Ferien.

Nur mit Druck lässt sich etwas erreichen, aber es funktioniert!

Chris erklärte den Gärtner:innen, dass ihnen Jardin Suisse nichts gratis geben wird. Es werde nur über den Kampf gehen, sagt er. Dass Druck aber tatsächlich etwas bringt, zeigt das Zitat von Carlo Vercelli, dem Geschäftsführer von Jardin Suisse, nach dem Streik in Schaffhausen. Er sagte damals: "Man muss jetzt überall die Löhne erhöhen. Sonst wird die Unia den Arbeitskampf in Schaffhausen in weitere Regionen der Schweiz tragen." Dank dem aktiven Einsatz von Gärtnerinnen und Gärtnern sind die Mindestlöhne im Gartenbau in den letzten drei Jahren um 20% gestiegen.

Chris erklärte weiter, dass 2018 ein wichtiges Jahr für die Gärtner:innen werden wird. 2018 wird der GAV zwischen Jardin Suisse und Grüne Berufe Schweiz neu verhandelt werden. Die Unia sitzt zwar nicht am Verhandlungstisch, aber die Gärtner:innen können mit Aktionen Druck auf diese Verhandlungen ausüben. Dazu müssen die aktiven Gärtner:innen aber mehr Leute rekrutieren, Aktionen durchführen und in die Medien kommen. Chris zeigte den Anwesenden eine Liste mit wichtigen Daten im Gärtner:innen-Jahr. Wichtige Termine sind die Giardina (Publikums-Gartenmesse) in Zürich und die ÖGA, eine Messe für Gärtner:innen in Bern. Zusätzlich werden die Gärtner:innen einige Aktionstage durchführen.

Anschliessend wurden in Arbeitsgruppen Ideen für diese Aktionen gesammelt. Es waren sich alle einig, dass Medienwirksamkeit wichtig ist. Die Aktionen sollen laut sein und gute Bilder abgeben. Ein Gärtner fragte: "Wenn die Bauarbeiter eine Aktion auf dem Bundesplatz machen können, warum können wir das nicht?". Die Stimmung war einerseits kämpferisch, andererseits ist den Gärtner:innen wichtig, dass ihre Aktionen von der Bevölkerung positiv aufgenommen werden.

Die regen Diskussionen hatten die Gärtner:innen hungrig gemacht. Es war Zeit fürs Mittagessen. Während dem Essen tauschten sich die Gärtner:innen aus, man war sich vor allem in zwei Punkten einig: Die Arbeitsbedingungen sind in den letzten Jahren immer schlechter geworden. Und es ist sehr schwer, die Gärtner:innen zu mobilisieren. Die aktiven Gärtner:innen hoffen, dass die Aktionen eine positive Wirkung auf die Arbeitsbedingungen haben werden und dass sich dafür viele Leute mobilisieren lassen.

Bauarbeiter zeigen sich solidarisch mit den Gärtner:innen

Gestärkt vom Mittagessen hörten die Gärtner:innen einem wahren Veteranen des Arbeitskampfes zu. Alex Briner war Kranführer und Unia-Aktivist, er hatte die Streikbewegung der Bauarbeiter für die Frührente aktiv mitgetragen. Alex sagt, er hätte bei der Unia schon ein paar Mal gehört, dass er jetzt von der Frührente profitieren könnte. Das sei falsch, sagte er, er habe die Frührente erreicht. Und zwar durch seinen persönlichen Einsatz. Alex sicherte den Gärtner:innen die volle Unterstützung und Solidarität der Bauarbeiter zu, denn sie alle wüssten, wie hart die Gärtner:innen bei jedem Wetter arbeiten.

Reto Müller, Gärtner und Unia-Sekretär im Teilzeitpensum, rief die Gärtner:innen dazu auf, den Worten jetzt gleich Taten folgen zu lassen. Denn schöne Worte alleine haben noch nie etwas bewegt! Die Gärtner:innen machten sich auf zu einen Demonstrationsumzug von der Strassburgstrasse über den Stauffacher zur Sihlpost. Mit Fahnen, Ballonen, Zäunen, Topfpflanzen Trillerpfeifen und sogar einem Baum veranstalteten sie ein kleines, aber feines Spektakel.

Unterwegs wurde der mitgetragenen Baum zu schwer, so dass sie "leider" auf der Sihlbrücke eine Pause einlegen mussten und für 10 Minuten den Verkehr blockierten. Die in Mitleidenschaft gezogenen Autofahrer und Passanten wurden von Gärtner:innen mit Schokolade besänftigt und mit einem Flyer über die Situation und die Forderungen der Gärtner:innen aufgeklärt. Bei der Sihlpost angekommen unterschrieben die Gärtner:innen eine überdimensionale Postkarte an Jardin Suisse. Zufrieden und voller Tatendrang für zukünftige Aktionen verabschiedeten sich die Gärtner:innen voneinander. Es wird einiges gehen in nächster Zeit im Gartenbau. Jardin Suisse, zieht euch warm an!